Verlustberücksichtigung bei Aktienveräußerung nicht von Veräußerungskosten abhängig

Steuerrecht

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.06.2018: Die steuerliche Berücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung von Aktien hängt weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten ab.

Eine Veräußerung von Aktien im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig, BFH, VIII R 32/16.

Nach früherer Auffassung der Finanzverwaltung lag eine Veräußerung nicht vor, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt (BMF, Schreiben v. 18.1.2016).

Beispiel: A hatte in 2013 über eine Sparkasse Aktien zu AK i.H.v. 2.000 EUR erworben. Diese Aktien verkaufte er am 10.10.2018 zu einem Gesamtverkaufspreis von 11 EUR, wobei die Sparkasse in gleicher Höhe Transaktionskosten einbehielt. Da der Veräußerungspreis die Transaktionskosten nicht überstieg, verzichtete die Sparkasse auf eine Einbuchung des entstandenen Verlusts in Höhe von 2.000 EUR in den Verlustverrechnungstopf.

Der BFH hat entschieden (Urteil v. 12.6.2018, VIII R 32/16), dass hier der Verlust in Höhe von 2.000 EUR zu berücksichtigen ist. Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG ist (Veräußerungs-)Gewinn der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes ist auch ein negativer Gewinn – ein Veräußerungsverlust – erfasst.

Eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG ist die entgeltliche Übertragung des - zumindest wirtschaftlichen - Eigentums auf einen Dritten. Eine entgeltliche Anteilsübertragung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn wertlose Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung oder gegen einen lediglich symbolischen Kaufpreis übertragen werden, so der BFH. Weitere Tatbestandsmerkmale als den entgeltlichen Rechtsträgerwechsel stellt das Gesetz nicht auf. Die Erfüllung des Tatbestands der Veräußerung ist daher insbesondere weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Insbesondere liegt eine Veräußerung auch dann vor, wenn die Gegenleistung genauso hoch ist wie die angefallenen Veräußerungskosten. Demnach steht es grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Dadurch macht er lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, missbraucht diese aber nicht.

Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 10.5.2019 (HI13129377) bekanntgegeben, dass sie die neuen Grundsätze des BFH anerkennt, sodass eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig ist. Hier könnte A daher über seine Einkommensteuererklärung 2018 beantragen, dass der Verlust mit anderen Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet wird (Verluste, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden).

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Rechtsanwalt Dr. Peter Ambos


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