Widerrufsrecht an Messestand

Vertragsrecht

Kein Verbraucher-Widerrufsrecht für auf Messe getätigte Einkäufe: Das BGH stellt klar, dass der Einkauf eines Verbrauchers auf einer klassischen Messe nicht dem Widerrufsrecht unterliegt.

Widerrufsrecht an Messestand, BGH VIII ZR 82/17

Im April 2015 schließt ein Besucher der „Messe Rosenheim“ an einem Händlerstand den Kaufvertrag über eine Einbauküche ab. Der Gesamtpreis des Modells „Pamplona“ liegt bei 10.595,20 Euro. Noch am selben Tag erklärt der Käufer per Einschreiben an den Händler seinen Widerruf. Der Verkäufer besteht auf dem Geschäft und fordert die vereinbarte Anzahlung. Vor dem Landgericht Traunstein (Az. 7 O 2383/15) argumentiert der Käufer mit § 312 g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Er sieht ein Widerrufsrecht bei Verträgen vor, die außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen wurden.

Das Landgericht als auch das OLG München (Az. 3 U 3561/16) weisen die Klage ab. Es bestehe kein Widerrufsrecht, weil der Stand auf einer Verkaufsmesse als Geschäftsraum anzusehen sei. So sei es ausdrücklich in der EU-Richtlinie 2011/83/EU festgelegt. Der Käufer sei deshalb von dem Vertragsangebot weder überrumpelt worden, noch habe er unter besonderem Druck gestanden. Nachdem der Käufer erneut in Revision geht, legt der Bundesgerichtshof die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Der Europäische Gerichtshof legt in seiner Entscheidung (Az. C-485/17) dar, dass ein Messestand durchaus unter bestimmten Bedingungen ein Geschäftsraum sein könne. Eine solche Einstufung hinge ab von dem äußeren Erscheinungsbild, den vor Ort verbreiteten Informationen und den Umständen rund um den Verkauf. Alle Faktoren müssten so gestaltet sein, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen könne, dass der Unternehmer hier Verträge abschließe. Nach dieser Klarstellung kommt der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 82/17) vier Jahre nach dem Küchenkauf, zu seinem Urteil: Weil die „Messe Rosenheim“ eine klassische Verkaufsveranstaltung sei, habe der Kunde den Stand klar als Geschäftsraum identifizieren können. Ein Widerrufsrecht stehe ihm daher nicht zu.

Der BGH zieht in der Begründung den Vergleich zu klassischen Informationsangeboten auf Verbrauchermessen. Sie würden beispielsweise von Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden oder der Agentur für Arbeit bereitgestellt. Hier müsse ein Besucher nicht mit einem Kaufangebot rechnen und könne sich deshalb bei einem Vertragsabschluss unter Druck oder überrumpelt fühlen.

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Rechtsanwalt Dr. Peter Ambos


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